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11.03.2024

Ein Vogelparadies mit viel freier Sicht

Am Nordrand des Tagebaus Inden gibt es seit drei Jahren ein Vogelparadies: eine 60.000 Quadratmeter große Flachwasserzone. Sowohl einheimische Vogelarten als auch Zugvögel lassen sich seither an diesem neuen Rückzugsort beobachten. Fischadler und Säbelschnäbler und viele andere Arten, darunter auch Graugänse und Stockenten und ein Dutzend Störche. Der Hobby-Ornithologe Peter Stollwerk aus Selgersdorf hat sie alle fotografiert.
Die Flachwasserzone im Norden des Tagebaus Inden. Direkt daneben befindet sich seit 2022 der „RWE indeland Solarpark“, dessen 26.500 Solarmodule grünen Strom für mehr als 3.500 Haushalte produzieren

„Früh am Morgen und gegen Abend gibt es hier das beste Licht.“ Stollwerk arbeitet eng mit der Forschungsstelle Rekultivierung von vom RWE zusammen. Er darf ganz nah an die Flachwasserzone heran. „Die meisten Fotos mache ich direkt aus meinem Auto heraus“, gesteht er. Eine gute Kamera macht das möglich. Mehr als 60 Vogelarten hat er bislang gesichtet. Regelmäßig ist er an der Flachwasserzone und auch auf der Sophienhöhe unterwegs, um die wachsende Artenvielfalt zu dokumentieren. Im Hauptberuf arbeitet Stollwerk bei der Feuerwehr des Forschungszentrums Jülich. Sein Schichtdienst lässt ihm genug freie Zeit, und die verbringt er am liebsten in der Natur. Der Auslöser für seine Leidenschaft war das Foto von einem Steinadler, das ihm einmal am Rand des Tagebaus Garzweiler gelang. Seitdem fasziniert ihn die Fauna der Tagebaulandschaft im Rheinischen Revier.

Vögel fühlen sich hier sicher

Die Umweltwissenschaftlerin Anna Merk betreut die Flachwasserzone bei der Forschungsstelle Rekultivierung in Schloss Paffendorf. Ihr Spezialgebiet ist das Feuchtgebietmonitoring. Sie weiß, was die Vögel an diesem Gebiet vor allem lieben: „Für uns Menschen ist die Landschaft hier sehr karg. Die Vögel sehen das ganz anders. Sie denken: Hier sehe ich direkt, wenn mir jemand etwas Böses will. Der kann sich nicht anschleichen oder auf einem Baum sitzen und sich auf mich herunterstürzen.“

Die Flachwasserzone im Norden des Tagebaus Inden wurde künstlich geschaffen. Sie umfasst drei verschiedene Bereiche: flache Uferzonen, ein dreieckiges Gewässer mit nur geringer Tiefe, dafür aber mit zwei Inseln, sowie einen langen geschwungenen Erdwall als Abgrenzung zum Tagebaugelände. An den Uferbereich schließen sich landwirtschaftliche Ackerflächen an. Im Juli 2021 strömte Grundwasser, das im Tagebau Inden laufend abgepumpt wird, in das vorab modellierte Gelände und füllte den flachen See.

Eine Gruppe Alpenstrandläufer im Anflug auf die Flachwasserzone
Graugänse auf dem Wasser
Zwei Höckerschwäne mit ihrem flauschigen Nachwuchs
Mandarinenenten
Ein Regenbrachvogel hält Ausschau
Dieser Wasservogel ist ein Rotschenkel - man sieht, warum
Zwei Säbelschnäbler landen auf dem Wasser
Die Insel in der Flachwasserzone
Zugvögel machen einen Zwischenstopp

Die Forschungsstelle Rekultivierung jätet junge Bäume rund um die Flachwasserzone aus – auch auf den beiden kleinen Inseln. Hier brüten die Vögel besonders gern. „Die Zugvögel sind die natürliche Beute von verschiedenen Beutegreifern wie Füchsen oder größeren Greifvögeln. Deshalb mögen die Zugvögel es, wenn sie eine möglichst weite Sicht haben.“ Bereits jetzt brütet der vom Aussterben bedrohte Flussregenpfeifer hier mit Erfolg. Und er ist nicht allein: Auch verschiedene Sorten von Möwen und Gänsen oder auch die kleinen Zwergtaucher ziehen hier ihren Nachwuchs groß.

Besonders viele Vogelarten fühlen sich hier wohl, die normalerweise im Norden Europas oder auch am Wattenmeer zu Hause sind. „Das sind die sogenannten Limikolen, also die Watvögel. Und das ist unheimlich spannend. Diese Vögel werden sie niemals finden, wenn sie hier an ein Waldgewässer fahren oder an einem Stadtweiher spazieren gehen. Es ist natürlich ein absolutes Highlight, sie hier auf ihrem Zwischenstopp beobachten zu können.“

Vorgeschmack auf den Indesee

Der sogenannte Braunkohlenplan sieht vor, mehrere Ausgleichsmaßnahmen für den Wegfall des Lucherberger Sees anzulegen, der Ende 2024 vom Tagebau erreicht wird. Die Flachwasserzone ist ein Ergebnis dieser Maßnahmen. Dort lässt sich bereits der Charakter erahnen, den Teile der Uferbereiche im Norden des Indesees laut des Rahmenplans 2.0 des indelands einmal haben werden. Bei einem Blick auf die Karte des Rahmenplans 2.0 für den Indesee sieht man, dass das Nordufer des Sees nach diesen Plänen in großen Teilen ein Raum für Natur und Artenschutz werden soll. Die von RWE angelegte Flachwasserzone ist ein Baustein dieser ökologischen Vorrangzone. Wenn der Indesee einmal seine Füllhöhe erreicht hat, dann wird der Erdwall geöffnet und die Flachwasserzone zu einem Bestandteil des Indesees.

Vogelwelt soll nicht gestört werden

Bis der Indesee gefüllt ist und der Erdwall eingerissen werden kann, vergehen allerdings noch einige Jahrzehnte. In dieser Zeit sollen die Vögel hier vor allem eines: ihre Ruhe haben. Das Gebiet steht weiter unter Bergrecht und der Zutritt ist auch in den kommenden Jahren verboten. Der RWE-Werkschutz stattet der Flachwasserzone daher regelmäßig Kontrollbesuche ab. Die sind leider nötig, denn auch Peter Stollwerk ist schon auf einige uneinsichtige Zeitgenossen gestoßen. Das sind vor allem Hundebesitzer, die ihre Vierbeiner hier frei herumlaufen und im Wasser baden lassen: „Die Hunde zertreten Vogeleier, etwa von den Flussregenpfeifern. Die legen ihre Eier in die Kiesel am Ufer und tarnen sie dadurch perfekt.“ Es gibt im Umfeld andere Gebiete, um ausgedehnte Spaziergänge mit den Hunden zu machen.

Zugang nur im Rahmen von Führungen

Trotzdem dürfen die Menschen ab und zu einen Blick auf die Vogelwelt werfen. So etwa Mitte April dieses Jahres. Anna Merk bietet dann eine mehrstündige Beobachtungsexkursion an. Dabei hofft sie auf eine Begegnung unter anderem mit dem Säbelschnäbler, dem Flussuferläufer und dem Großen Brachvogel. „Die Führung machen wir im April, weil sich dann die größte Vielfalt an Vogelarten in dem Gebiet befindet.“ Wenn die Zugvögel kommen, dann liegt auch Peter Stollwerk besonders häufig mit seiner Kamera auf der Lauer. Immer in der Hoffnung, dass ihm wieder eine neue Art begegnet. Wie zuletzt das Odinshühnchen mit seinem roten Hals und weißen Kragen.

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